«Es ist das <Wunder von Niedergösgen>»

Josef Knecht wurde in Schönenwerd mit dem Anerkennungspreis «Schmerz + Leid besiegt» ausgezeichnet


Seit rund 34 Jahren lebt der Niedergösger Josef Knecht mit spastischen Lähmungserscheinungen und Schmerzen; zu «verdanken» hat er dies einem Autofahrer, der ihn 1975 angefahren hatte. Trotzdem gibt der 50-Jährige nicht auf; sein starker Glaube hilft ihm. Am Samstag nun erhielt er als erster Schweizer überhaupt den Anerkennungspreis der europäischen Akademie für Naturheilkunde, «Schmerz + Leid besiegt».

Beat Wyttenbach
Josef Knecht war ein gesunder Jugendlicher wie so viele auch. Er hatte Pläne. Wollte Reproduktionsfotograf werden. Den Lehrvertrag hatte er schon in der Tasche, und im April 1975 sollte der damals in Pfäffikon ZH wohnhafte junge Mann seine Lehre antreten. Sollte, denn zwei Tage vor Lehrbeginn kam alles anders; es kam jener Tag, der sein Leben von Grund auf verändern sollte.

Das Leid
Eine Kollision mit einem Auto hat für den damals 16-Jährigen gravierende Folgen: Er findet sich im Spital in Winterthur, nach fünf Wochen im Koma wieder - mit einer Hirnquetschung, einem gebrochenen Steissbein und einer offenen Unterschenkelfraktur. Auch der linke Arm lässt sich nicht mehr bewegen; spastische Lähmungen sind die Folge. Es folgt ein Reha-Jahr - im Rollstuhl - in der Bäderklinik Valens SG. Nur der rechte Arm und das rechte Bein lassen sich bewegen.
Ein Jahr später: Josef Knecht ist wieder zu Hause - ohne Rollstuhl. Und auch dort ist Intensivpflege - durch seine Eltern, mit täglichen Einreibungen mit kaltgepresstem Olivenöl und Franzbranntwein - notwendig. Und er vollzieht ein eisernes Training, auf geistiger und körperlicher Ebene wie Laufen auf dem weichen Waldboden oder mit Gummistiefeln im Bachbett, wobei ihn die Eltern und sein Bruder stützen.
Zwei Jahre später, 1978, beginnt er eine Lehre als Reproduktionsfotograf an seinem Wohnort, die er aber kurz darauf wieder abbrechen muss, aber die Berufsschule besucht er weiterhin. Im nächsten Jahr erhält er eine Lehrstelle bei der Orell & Füssli in Zürich. Diese schliesst er 1982 erfolgreich ab.

Das Berufsleben
Es folgt noch im selben Jahr der Umzug nach Olten, wo er in einem kleinen Betrieb eine Stelle antreten kann. Diese wird 1984 wieder aufgelöst. Es folgen Jahre der Weiterbildung, bis er 1988 beim Zofinger Tagblatt eine Stelle antreten kann; zuerst als Auftragssachbearbeiter, später im Sportbildarchiv. Der körperliche Zustand verschlechtert sich weiter; zwei Stürze 2003 machen wieder eine Behandlung samt Reha notwendig.
Nach einer kurzen Arbeitsaufnahme ein Jahr später zu Hause wird das Arbeitsverhältnis 2005 aufgelöst. Seither ist Josef Knecht zu 100 Prozent IV-Rentner. Er arbeitet heute sporadisch noch von zu Hause aus für den Schweizerischen Altzofingerverein und den Schweizerischen Zofingerverein als 
Mutationen-Sepp.


Die Schmerzen
Sie sind über all die Jahre seine «treuesten» Begleiter, nebst den Krämpfen. Die Beine, der Rücken, der linke Arm: Alles tut weh. Über längere Zeit sitzen kann er nur in einem speziellen Bürostuhl mit einem so genannten Tempurkissen. Knecht muss viel liegen, um die Schmerzen ertragen zu können.
Sie sind es letzten Endes, die seine Berufstätigkeit erschwerten und am Schluss verunmöglichten. Da die Spastik zu Hohlfüssen führte, fällt ihm das Gehen mit den zwei Stöcken ungemein schwer. Nach einem Sturz mit Oberschenkelhalsbruch war er gar auf den Rollstuhl angewiesen, den er inzwischen aber nicht mehr benötigt. Und ohne die Spezialschuhe, die er trägt, könnte er gar nicht gehen, da auch die Füsse samt Zehen deformiert sind und immer wieder Probleme bereiten

Der Glaube
Sein starker Glaube, sagt Knecht beim Gespräch am Donnerstagabend im Restaurant Braui in Schönenwerd, habe ihm geholfen, all das Leid und die Schmerzen zu ertragen. «Ohne Jesus könnte ich mit diesen Qualen gar nicht leben. Gottes Kraft in mir ist es, die mich stets weiter trägt, auch wenn das manchmal sehr weh tut», hält er in seinen Aufzeichnungen fest.
An Gott gezweifelt hat er dennoch nie - trotz seines schweren Schicksals. «Ohne Gott gäbe es mich doch gar nicht mehr. Ich hätte tot sein können», erzählt er mit leiser, leicht schleppender Stimme, denn auch seine Stimmbänder wie auch die Lungen hatten bei besagtem Unfall Schäden erlitten. Man nimmt ihm dies ab, denn trotz seines schweren Schicksals strahlt er viel Würde aus.

Die Familie
Doch es gibt auch Silberstreifen am Horizont. 1984 lernt Knecht Sonja kennen, die er 1986 heiratet und mit der er noch heute zusammen ist. Im August 1990 folgt die Geburt ihres einzigen Kindes. Damit ist die kleine Familie komplett. Die Weihnachtskonzerte, an denen ihr Sohn Roger mit der Musikgesellschaft teilnimmt, sind denn über all die Jahre auch fast die einzige Gelegenheit - nebst kurzen Spaziergängen -, die es ihm ermöglichen, quasi in den Ausgang zu gehen. «Kino- oder Theaterbesuche liegen nicht drin, ich kann nicht so lange sitzen», erklärt er. Seit zwei Jahren aber besitzt er einen Elektro-Scooter, «der mir viel mehr Lebensqualität ermöglicht. Damit komme ich unter die Leute», verrät Knecht.
Aber die Familie hilft ihm auch, sein schweres Schicksal zu ertragen; Besonders gut seien die Behandlungen bei Professor Joachim Chrubasik in Bad Zurzach. Dort, im Wasser, ist es ihm am wohlsten. «Im Wasser verspüre ich keine Schmerzen», sagt Knecht. Und: Seit der Einnahme von Hagebuttenpulver, das er seit zwei Jahren anwendet, könne er wieder unverkrampft schlafen.

Das Malen
Der strenge und lange Winter 2008/09 jedoch bringt einen weiteren Lichtblick in den Alltag des Niedergösgers: Das Malen mit Acrylfarben. «Ich habe mir nach drei Wochen zu Hause gesagt: <Also gut - Ende der Zeit der Stürze beim Fahrradfahren - mit 50 bringst du dir halt noch das Malen selber bei>», lächelt er. Gemalt hat er Bilder nach seiner eigenen Technik, «der Sepp-Technik», wie er grinsend bemerkt.
Entstanden sind so Bilder von innerer Schönheit; sie zeigen Motive aus dem Bally-Park; ein grünes Seepferdchen auf rotem Grund; einen Torero im Stierkampf oder kreisende Möwen vor der Küste Kretas. Oder den «Schrägen Vogel», ein Vogelauge, das aus einem blauen Federkleid den Betrachter anblickt. Das Bild befindet sich denn auch als Einziges in den Räumlichkeiten des Restaurants Braui in Schönenwerd - oberhalb der Garderoben - in Schräglage.

Die Anerkennung
Seine Bilder sind den Fachkundlern nicht verborgen geblieben; Professor Joachim Chrubasik, selbst Generalsekretär der Europäischen Akademie für Naturheilkunde (EANM), Kunsthistoriker Peter Dolezal und andere machten die EANM auf den Maler Knecht aufmerksam. Am Samstagnachmittag nun erhielt er im Restaurant Braui aus den Händen seines behandelnden Professors als schweizweit erster Preisträger überhaupt die Auszeichnung «Schmerz + Leid besiegt».
«Die heutige Vernissage zu seinen Bildern zeigt, wie man trotz Schmerz sowie Schicksalsschlägen begnadet malen kann», so Chrubasik in seiner Laudatio. Deshalb habe der Vorstand der EANM beschlossen, Josef Knecht diese Auszeichnung zukommen zu lassen. «Er war eigentlich schon im Himmel. Er hat sich aber so hochgerappelt, dass man vom <Wunder von Niedergösgen> sprechen kann», so der Professor. Er überreichte ihm die dazu gehörende Ehrenmedaille, «einen australischen Dollar, der nicht käuflich erworben werden kann».

Der Dank
Josef Knecht seinerseits überreichte den Vertretern der EANM eines seiner Gemälde, «Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang». «Es stellt mein ganzes Leben dar», bemerkte der Künstler dazu. Die Akademie werde es zu einem späteren Zeitpunkt versteigern, kündigte Chrubasik an. Der Erlös komme armen und kranken Kindern sowie Behinderten zu Gute. Und: Josef Knecht ,

der Autodidakt, wird in Bad Zurzach den anderen Patienten das Malen beibringen.
Papst Johannes Paul II. war prominentester Preisträger


Die Europäische Akademie für Naturheilkunde (EANM) wurde 1980 von Rudolf Frey gegründet. Sie fördert die naturwissenschaftliche Heilkunde weltweit und besonders Studien mit Heilpflanzen. «Viele wissenschaftliche Arbeiten zur Teufelskralle, Weide, Brennnessel, Hagebutte, Eukalyptus, Pfefferminz und Spanischem Pfeffer wurden durch die Akademie gefördert. Und die entsprechenden Produkte werden allesamt in der Schweiz produziert», so Joachim Chrubasik.
Der Preis «Schmerz + Leid besiegt» ist 1984 ins Leben gerufen und seither jährlich vergeben worden; Josef Knecht ist der erste Schweizer, der diese Auszeichnung erhielt. Der Grund dafür sei, «etwas gegen Schmerz und Leid zu tun; die Akademie möchte das Bewusstsein für die Thematik bei der Bevölkerung schärfen», erklärte der Professor. Berühmtester Preisträger war 1987 übrigens der damalige Papst Johannes Paul II. (bw)

Zur Person
Josef Knecht wurde 1958 in Österreich geboren und kam als Zweitklässler in die Schweiz. Zunächst wohnte die Familie in Hegnau und dann in Pfäffikon im Zürcher Oberland. In Pfäffikon besuchte Knecht auch die Schulen. Nach der Berufslehre als Reproduktionsfotograf zog er nach Olten. Nach der Heirat mit Sonja 1986 kam im Jahr 1990 der Umzug nach Niedergösgen. Im selben Jahr erfolgte die Geburt ihres Sohnes Roger. Nebst dem Job für den Schweizerischen Altzofingerverein und den Schweizerischen Zofingerverein zählen zu seine Hobbies das Mühlespiel auf inetplay.de, (sein Nickname ist «Sepple»), das Spiel mit dem Schachcomputer und das Verfassen von Gedichten. Seit Dezember letzten Jahres ist das Malen die neue, grosse Leidenschaft von Josef Knecht. (bw)
© Oltner Tagblatt / Mittelland Zeitung / Montag 17. August 2009

 



 

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